Dieses Tutorial ist allgemeingültig und bezieht sich nicht auf ein konkretes Spiel, ist aber zum Teil für die Source und Quake Engines ausgelegt. Es beschäftigt sich mit der Frage, wie man ein Level von Anfang bis Ende baut, was dabei an Problemen aufkommen kann und wie man sie angeht. Ich beschreibe darin meine eigenen persönlichen Erfahrungen und versuche, daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen. Das kann für euch funktionieren, vielleicht geht ihr aber auch ganz anders an das Thema heran und seid damit erfolgreicher. Dieses Tutorial enthält keine Anleitungen dafür, wie bestimmte Dinge im Hammer oder Radiant funktionieren, lest euch dafür die ausführlichen Tutorials zu diesen Themen durch. Schreibt gerne in den Kommentaren, was euch beim Beenden eines Projekts hilft, damit wir dieses Thema erweitern können.
Aufbauphase
Ideenfindung
Am Anfang eines guten Levels steht oft eine Vorstellung davon, was das Level später darstellen soll. Eine Tempelruine? Ein Bauernhof? Eine Kanalisation? Macht euch Gedanken darüber, wo die Reise hingehen soll und stellt euch vor, wie euer Level aussehen könnte. Schreibt eure Ideen am besten auf und notiert, was euch daran gefällt oder was für Merkmale der Schauplätze ihr zeigen würdet (ein eingefallener Tempel, durch dessen zerstörte Decke Licht auf den Bompspot fällt. Ein großer Kornspeicher, von dessen Dach man gut snipen kann. Eine versteckte Basis in der Kanalisation, die einen wichtigen Routenpunkt gegen die Zombie-Invasion absichert).
Sucht euch Referenzen
Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden und die ganze Designarbeit nicht alleine übernehmen. Sucht euch Referenzbilder zu eurer Idee und lasst euch inspirieren. Vielleicht gibt es von anderen Mappern oder in fertigen Spielen schon Umsetzungen eurer Vorstellung, die ihr als Vorlage nehmen könnt.
Das Ziel und die eigenen Fähigkeiten überprüfen
Sobald ihr euch für einen Schauplatz entschieden habt, solltet ihr ganz realistisch abwägen, ob ihr überhaupt die Fähigkeiten habt, diese Idee umzusetzen. Gerade wenn man mit dem Bauen eigener Level beginnt, läuft man vor Ideen über und möchte am liebsten sofort ganze Kampagnen mit Schauplätzen bauen, die es so im Spiel gar nicht gibt. Setzt euch für den Anfang kleine und überschaubare Ziele und macht lieber viele simple kleine Maps, anstatt an einer großen zu verzweifeln. Motivation ist ein wichtiger Faktor.
Ihr wollt euch nicht gleich zu Beginn demotivieren. Fragt euch, welche Fähigkeiten ihr jetzt gerade habt und was ihr damit anstellen könnt. Wenn ihr noch ganz neu dabei seid, macht einen einzigen Raum und beleuchtet ihn. Dann kommt ein zweiter Raum dazu. Einen dritten erreicht man über eine Treppe, den vierten über einen Lift, den fünften über ein Jump Pad, in den sechsten kann man schwimmen und zum siebten führt ein Teleporter. Macht solche Übungen nach und nach und werdet erst einmal mit den grundlegenden Konzepten vertraut. Ihr werdet zwangsläufig neue Dinge dazu lernen, während ihr eure Basisfähigkeiten festigt. Es wird immer Momente geben, an denen ihr mit eurem Wissen nicht mehr weiterkommt und eure Fähigkeiten erweitern müsst. Kleine abgeschlossene Testlevel sind ideal dafür.
Wenn ihr schon mehr Erfahrung habt, versucht den Arbeitsaufwand konkreter einzuschätzen. Braucht ihr eigene Texturen, Modelle, Sounds, Partikel? Wenn ja, welche und wie viele? Braucht ihr wirklich so viele oder kommt ihr auch mit weniger hin, wenn ihr sie geschickt einsetzt? Wenn ihr sie nicht herstellen könnt, weil euch die Fähigkeiten fehlen, was gibt es für Alternativen?
Versucht euch an Layoutskizzen
Layoutskizzen helfen dabei, die Wegführung des Spielers zu planen. Je nach Spiel kann es einfacher oder schwieriger sein, ein Layout auf Papier zu bringen. Ein auf drei vertikalen Ebenen in sich verschlungenes kompaktes Multiplayer Arenalayout für Quake oder Unreal ist komplizierter als ein linearer Pfad durch einen Wohnblock für eine Half-Life 2 Singleplayer Map. Dafür muss eine Singleplayer Map ganz anderen Anforderungen standhalten, da sie beim ersten Durchlaufen Spaß und Spannung enthalten muss und man Areale nicht wie bei einer Multiplayer Map immer wieder sieht.
...oder beginnt einfach ins Blaue
Nicht immer braucht man diese Vorbereitung. Auch ein frei Hand ausgeblocktes Layout mit Platzhaltertexturen kann (und sollte!) schon viel Spaß machen, auch ohne eine Idee, um was für einen Schauplatz es sich handelt. Hier solltet ihr selber herausfinden, was euch besser liegt. Oft kommen einem auch beim Testspielen eines Blockouts gute Ideen, weil man von den groben Formen inspiriert und auf Dinge gebracht wird, an die man vielleicht im ersten Moment gar nicht gedacht hat.
Haltet Ordnung und macht Backups
Referenzbilder und Layouts helfen bei der Ideenfindung, bei der Umsetzung hilft Ordnung. Legt die Dateien für eure Maps direkt am richtigen Ort ab und nicht im "Neuen Order (3)" im "Kram" Ordner auf eurem Desktop. Ideal ist ein zentrales Verzeichnis für eure Map, das alle Dateien in Unterordnern enthält, die zur Erstellung gebraucht werden. Das können Texturen im Rohformat sein (häufig .tga), Photoshop Dateien (.psd), Sounds oder Projektdateien von Sculpting- oder Modelingprogrammen. Macht regelmäßig Backups eurer Rohdateien und auch der Files, die schon ins Spielverzeichnis gewandert sind. Arbeit zu verlieren ist sehr ärgerlich. Der blöde Spruch "beim zweiten Mal wirds immer besser" tröstet einen vielleicht über den Verlust hinweg, aber mehr Spaß macht es deshalb nicht.
Erst Gameplay ausblocken, dann Optik
Eine gute Map muss nicht gut aussehen, um zu funktionieren. Gute Optik ist nicht mit photorealistischer Optik zu verwechseln. Lasst euch beim Erstellen eurer Map nicht von Grafikhypes ablenken. Spiele, die jetzt realistisch aussehen, sind in 5 Jahren altbacken. Maps, die sich jetzt gut spielen, tun das auch in 10 Jahren noch. Beginnt die erste richtige Arbeit an eurem Level mit einem groben Nachbauen des Layouts (Blockout). Ich habe früher dutzende Maps angefangen und den ersten quadratischen Raum bis zur Decke mit Details gefüllt, um dann festzustellen, dass ich keine freie Wand mehr für eine Tür hatte. Spart euch den langen Weg zur Erkenntnis, dass das nicht funktioniert, und fangt von vorn herein mit Gameplayblockouts an.
Baut dazu euer Layout nach (falls ihr eins gemacht habt) oder tastet euch mit groben Formen an ein Layout heran. Wenn ihr ganz großzügig seid, nehmt ihr sogar unterschiedliche Texturen für Boden und Wände und eine dritte für Hindernisse wie die 08/15 Holzkiste. Zu diesem Zeitpunkt solltet ihr euch keine Gedanken über Optik oder Details machen. Alles, was ihr jetzt an Zeit in Details investiert, ist vergebens und bremst euch eher aus. Ihr werdet später noch Details einbauen können. Wenn ihr das jetzt tut, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ihr fertige Mapteile nur widerwillig löscht, wenn sie sich nicht gut spielen, weil ihr schon Arbeit in die Optik investiert habt. Haltet euch nicht mit langwierigen Compiles für schöne Lichtstimmung auf.
Gebt eurem Blockout alles mit, was zum Spielen nötig ist. Verteilt Spawns, Waffen, Items und zieht zumindest eine Skybox und ein paar Lichter ein, damit ihr etwas sehen könnt.
Macht euch bereits Gedanken über die Performance
Vermeidet zu weitläufige Areale oder lange Sichtlinien und haltet die Zahl der benutzten Texturen, Modelle und Polygone im Rahmen. Gerne übersehen sind Alphatexturen, von denen viele hintereinander auch einen starken Performanceimpact haben. Gerade bei Vegetation oder Partikeleffekten merkt man deshalb trotz weniger Polygone oft Frameeinbrüche. Wenn ihr in der Tuningphase die Performance eures Levels optimieren wollt, kommen euch Sichtblockaden und abgegrenzte Areale entgegen.
Das Gameplay testen und verbessern
Sobald das Blockout steht, solltet ihr es testen. Lauft durch euer Level und spielt ein paar Runden gegen Bots (falls ihr ein Multiplayerlevel gemacht habt). Sind die Wege breit genug oder zu breit? Sind die Routen zu lang oder zu kurz? Gibt es zu viel oder zu wenig Deckung? Gibt es Stellen, an denen ein Team einen unfairen Vorteil hat? Im Fall von Arenashootern wie Quake oder UT sollte die Map auch genug Höhenunterschiede haben. Sehr planare Layouts fühlen sich oft langweilig an. Sind die Waffen sinnvoll platziert oder gibt es Bereiche mit zu vielen oder zu wenig Waffen? Kann ich von jedem Spawnpunkt aus schnell eine andere Waffe finden?
Achtet bei Singleplayermaps ebenso auf Verteilung der Items und auf den Spielfluss. Es macht keinen Spaß, von Anfang an mit allen Waffen beladen loszulegen. Haltet eine Balance zwischen Durststrecken und Materialschlachten. Wechselt Kämpfe mit Ruhepausen ab.
Lasst eure Level von anderen Leuten testspielen. Man übersieht gerne Fehler im eigenen Design, weil man sich unbewusst mit Workarounds arrangiert oder immer gleiche Routen nimmt, die man gerne mag.
Contenterstellungsphase
Bestandsaufnahme machen
Wenn ihr das Gameplay zur Genüge getestet habt und damit zufrieden seid, könnt ihr mit der Optik loslegen. Natürlich werden sich auch hier noch Dinge am Gameplay ändern, allein aus der Tatsache heraus, dass jetzt kleinere Details hinzukommen, die die Sichtlinien beschneiden oder erweitern können. Aber alle offensichtlichen Layoutprobleme sollten behoben sein.
Wenn ihr eine gute Vorausplanung gemacht habt, solltet ihr schon grob wissen, was ihr an Objekten und Texturen für eure Map benötigen werdet. Wenn ihr euch an mitgelieferten Dateien des jeweiligen Spiels bedient, könnt ihr sie an einem Ort der Map sammeln und euch eine Art Warenlager aufbauen, aus dem ihr euch jederzeit bedienen könnt. Auf diese Weise müsst ihr nicht jedes Mal nach Objekten suchen und müsst nur zugreifen.
Von Grob nach Fein mit Details füllen
Was beim Blockout funktioniert hat, lässt sich auch auf die nächste Phase anwenden. Nehmt euch zuerst die großen wichtigen Strukturen vor und füllt dann mit Details auf. Wenn in dieser Phase noch nötige Gameplayänderungen ersichtlich werden, könnte ihr euer Level noch immer anpassen, ohne zu viel Arbeit wegzuwerfen. Wenn ihr einmal in die Situation kommt, dass ein Areal einfach nicht funktioniert, obwohl es schon fertig mit Objekten detailliert wurde, wägt Kosten und Nutzen ab. Ich persönlich halte Gameplay für wichtiger als die Optik und würde im Zweifel eine fertigdekorierte Wand einreißen, wenn sich der Spielfluss dadurch verbessert. Legt euch vor solchen Aktionen immer Sicherheitskopien zurecht. Falls der Verbesserungsversuch fehlschlägt, könnt ihr immer noch einen weiteren Anlauf nehmen.
Sind alle groben Details in der Map angekommen, nehmt euch die nächstkleineren vor. Stellt Tische in Räume, verteilt Betonbarrikaden, platzierte Dekokisten und -fässer. Lasst ein paar Bäume und Steine fallen, zieht Straßenlaternen hoch, ersetzt Platzhalterdeckung durch Autowracks. Danach geht ihr noch eine Stufe runter und verteilt das Geschirr auf den Tischen, die Bücher in den Regalen, die Kissen auf den Fensterbrettern, die Pflanzen im Garten, die rostigen Dosen in den Häusergassen. Verdeckt fiese Texturkanten mit Decals.
Beleuchtung
Vernachlässigt auf keinen Fall eure Beleuchtung. Eine simple Map sieht mit guter Beleuchtung besser und ansprechender aus, als eine komplexe Map, bei der die Beleuchtung nur lieblos umgesetzt wurde. Ich empfehle die Tutorials Understanding Composition und Understanding Color von Blender Guru.
Tuningphase
Sichtverdeckung
Hier habt ihr leichteres Spiel, wenn euer Layout schon gut geplant wurde. Helft dem VIS Compiler mit Hint Brushes und macht kleine Brushkonstruktionen zu Detailbrushes (Quake) oder func_details (Source). In Source wirken auch Occluder Brushes Wunder, wenn auf offener Fläche Hint Brushes nicht mehr funktionieren. ar_chess hätte ohne Occluder nicht funktioniert, weil die Map keine Möglichkeiten zur VIS Optimierung mit Brushes geliefert hat. In Looking For Free Doom habe ich den großen Hauptraum im ersten Bild und andere Areale der Map mit mehreren Türen verschlossen, in denen Areaportals sitzen. Hinter den Türen wird nichts gerendert, solange die Tür verschlossen ist. Was anfangs eine Notwendigkeit zur Performanceverbesserung war, hat sich dann sogar im Gameplay positiv gezeigt.
Viewranges von props
Wenn ihr viele Props platziert habt, hat das natürlich einen Einfluss auf die Performance. Es ist nicht immer möglich, Props durch das normale VIS Culling so früh wie möglich auszublenden, obwohl ein Spieler sie von keinem Ort aus mehr sehen kann. In de_cliffside gab es einige Sichtlinien, die ich nur schwer abfangen konnte. Deshalb ist dort jedes einzelne Prop von Hand so angepasst, dass es so früh wie möglich ausfadet, ohne aufzufallen oder einen Einfluss auf das Gameplay zu haben.
Deckel drauf machen
Irgendwann sollte jede Map fertig werden. Man kann endlos an allem weitertweaken, aber ab einem bestimmten Punkt wird das Ergebnis nur anders, nicht besser. @BaShoR hat mir das mal mit dem 20 zu 80 Verhältnis erläutert. 20% der Zeit gehen für 80% der Arbeit drauf, an den letzten 20% Arbeit sitzt man 80% der Zeit. Zu erkennen, wann gut ist, spart einem unnötigen Ärger. Nicht jeder Fehler wird von Spielern so empfunden, wie man ihn selbst oft aufbauscht. Ein Freund von mir hat vor einiger Zeit eine wirklich tolle CS:GO Map angefangen und auch sehr weit vorangetrieben, bis er schon in der Ausdetaillierungsphase angekommen war. Dem Level fehlten eigentlich nur noch Details und Optimierung, und es wäre spielbar gewesen. Die Fertigstellung ist daran gescheitert, dass er an die Limits der Cubamaps in Source gestoßen ist. Auf den glatten Böden von zwei aneinanderliegenden Räumen war zu sehen, dass die Reflexion sich schlagartig ändert, weil die nächste Cubemap für den nächsten Bodenteil benutzt wurde. Das hat ihn derart genervt und demotiviert, dass er tatsächlich wegen so eines kleinen Details die Lust verloren und die Map nicht beendet hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass kein Spieler sich daran gestört hätte. Die meisten hätten es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Auch teuerste Spieleproduktionen sind nicht perfekt, selbst in AAA Titeln findet man immer wieder verzerrte Texturen, Texturnähte, Objekte ohne Kollision oder in Wänden steckende Objekte. Behebt die offensichtlichen Fehler, aber macht euch nicht zu sehr verrückt.
Aus der fertigen Map lernen
Während ihr an einem Level gebaut habt, werdet ihr einige neue Dinge gelernt haben. Technisches Wissen, neue Designgrundlagen, enginespezifische Probleme und Lösungen, was euch liegt, was euch Spaß macht, was gut und schlecht funktioniert hat. Findet heraus, was ihr beim nächsten Mal anders machen würdet. Jede Map war für mich immer ein kleiner Schritt der Verbesserung. Bei jeder neuen Map habe ich bisher etwas mitgenommen, was ich in Maps danach anwenden konnte.
Geändert von DaEngineer (02.03.2018 um 11:03:01 Uhr)
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